Eckpfeiler der neuen EU-Verpackungsverordnung definiert
In ihrer Plenarsitzung am 22. November 2023 haben die 705 Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP) in erster Lesung über den Entwurf der EU-Kommission zur neuen EU-Verpackungsverordnung Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) abgestimmt. Danach sollen die Grundlagen zum Umgang mit Verpackungen und deren Entsorgung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union neu ausgerichtet werden. Im weiteren Prozess startet nach Entscheidung des EU-Rates im Dezember 2023 voraussichtlich der sogenannte Trilog, der im Februar 2024 abgeschlossen sein soll.
Schon der im November 2022 von der EU-Kommission vorgelegte PPWR-Entwurf hatte national und international zu intensiven Diskussionen geführt (Beitrag vom 15.12.2022). Auch die DPG positionierte sich in einer offiziellen Stellungnahme und kann erste Erfolge verbuchen (Stellungnahme vom 30.3.2023).
Erzielung erster Teilerfolge
Nicht alles, was sich die DPG und ihre Gesellschafter mit Blick auf ihre vier Kernforderungen vom Voting des Europaparlaments (EP) erhofft hatten, ist bisher eingetreten. Aber erste Teilerfolge können verzeichnet werden. Zur generellen Einordnung der aktuellen Ergebnisse nochmals kurz zum Kontext: Bei den Beratungen zur neuen EU-Verpackungsverordnung geht es im Wesentlichen um die Sicherstellung nachhaltiger Stoffkreisläufe und ein Erreichen der Ziele des Green Deals, der vorsieht, dass alle Verpackungen auf dem EU-Markt bis 2030 wirtschaftlich recycelt werden kön-nen. Unstrittig ist, dass Pfand- und Rücknahmesysteme eine wesentliche Rolle beim Erreichen der genannten Ziele spielen – sie sind Schlüsselakteure.
Schonfrist für nationale Pfandkennzeichen
Vor diesem Hintergrund sprach die DPG sich für die Beibehaltung etablierter Pfandkennzeichen (DPG-Logo) bzw. – als Kompromiss – die Parallelität von nationalen und europaweit gültigen Kenn-zeichnungen aus. Mit Teilerfolg! Um die bestehende Orientierung der Verbraucher, aber auch die speziellen Sicherheitsmerkmale gegen Betrug rund um die Auslesetechnik sowie ein zuverlässiges Pfandclearing abzusichern, beinhaltet die Position des Parlaments nun eine 36-monatige Über-gangsfrist für bestehende europäische Pfandsysteme – u.a. in Skandinavien, den baltischen Staa-ten, Deutschland, Belgien, Kroatien und den Niederlanden. Binnen dieser Frist soll demnach auch das erfolgreich eingeführte DPG-Logo weiterverwendet und eine europaweit verbindliche Kenn-zeichnungsvorgabe nochmals diskutiert werden. Zu Sicherheitskennzeichen trifft die PPWR noch keine eindeutige Aussage. Die Klarstellung, dass nationale Pfand-/Sicherheitskennzeichnungen aber auch langfristig und uneingeschränkt verwendet werden dürfen ist weiterhin von zentraler Bedeutung.
Vereinbarung einer verbindlichen Mindestfüllmenge
Um auch zukünftig arbeitsfähige Pfandsysteme zu ermöglichen, ist das EP den Empfehlungen des Impact Assessment Report (der EU-Kommission) gefolgt und hat sich für ein Fassungsvermögen von 0,1 Liter als Untergrenze für pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen ausgesprochen. Dieses Ergebnis ist aus Sicht der DPG und im Sinne national erfolgreicher Systeme unbedingt zu begrüßen.
Festgelegte Kommunikationsaufwände gekippt
Um die Ziele und Regularien der neuen Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) kom-munikativ zu begleiten, verpflichtete der Entwurf alle beteiligten Institutionen/Unternehmen zum Einsatz finanzieller Kommunikationsaufwände. Diese sollten sich mit einem festen Prozentsatz am jeweiligen Vorjahresumsatz bemessen – ohne dabei zwischen bereits etablierten und komplett neu zu installierenden Pfandsystemen zu unterscheiden. Auch die DPG erachtete – nach beinahe 20 Jahren erfolgreicher Marktpräsenz und einer regelmäßigen Rücklaufquote von über 98 Prozent – diese Vorgabe als nicht zielführend. Mit dem Votum des EP wurde sie darin ebenso wie viele an-dere europäischen Pfandsysteme jetzt bestätigt. Die Vorgabe für erforderliche Kommunikations-aufwände lässt nun eine differenziertere Vorgehensweise zu.
Bestandsschutz für bestehende Pfandsysteme muss in der Diskussion bleiben
Bis zum Jahr 2030 sollen gemäß den Vorgaben des Green Deal Verpackungen uneingeschränkt re-cyclingfähig werden. PET-Getränkeflaschen müssen nach EU-Recht sogar schon ab dem Jahr 2025 zu einem Viertel aus Rezyklaten bestehen (30 % in 2030). Um diese Ziele zu erreichen, werden funktionierende Pfandsysteme mit hohen Rücklaufquoten benötigt. Noch klarer formuliert: Dieses Ziel kann nur mit und nicht gegen bestehende Strukturen gelingen. Das betrifft auch den komple-xen und in den Mitgliedstaaten noch gar nicht oder sehr unterschiedlich organisierten Prozess des Pfandclearings und der Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen. Der wirksame Bestands-schutz für etablierte Pfandsysteme wird noch nicht ausreichend in der aktuellen Fassung der PPWR berücksichtigt, wodurch das DPG-System weiterhin gefährdet ist. Die bisherigen Debatten und auch die von der DPG eingebrachten Bedenken zum derzeitigen PPWR-Entwurf führen hoffentlich dazu, dass auch zu diesem Punkt weiter diskutiert und nach neuen Lösungen gesucht wird.
Nächste Etappe
Mit den Entscheidungen der EU-Kommission und des Europaparlaments ist der Prozess zur Durch-setzung eines europäischen Verpackungsgesetzes aber noch nicht beendet – als nächstes folgt im Dezember 2023 die Entscheidung des EU-Rats. Dieser könnte noch substanzielle Änderungen vor-sehen, bevor die Vorgaben dann in den sogenannten Trilog gehen. Das ist ein paritätisch zusam-mengesetztes Dreiertreffen der gesetzgebenden Institutionen der Europäischen Union: Europäi-sche Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäisches Parlament zur Verhandlung der finalen Fassung des Gesetzes.
Die DPG und ihre Gesellschafter sehen bei dem aktuellen Entwurfsstand der PPWR weiterhin Nachbesserungsbedarf. Daher wird weiter mittels Sachaufklärung über die Funktionsweise von Pfandsystemen und den für den erfolgreichen Betrieb ebendieser benötigten gesetzlichen Rah-menbedingungen darauf hingewirkt, dass die relevanten Punkte in der PPWR angepasst werden, um den richtigen und wichtigen EU-Vorstoß vor möglichen ökologischen Rückschritten, wie der unnötigen Beschneidung der Leistungsfähigkeit bestehender Systeme, zu bewahren.